How does one do it right when one wants to do the right thing?

Kinzo - Munich

Ich habe heute im Zug die aktuelle brand eins zum Thema „ökologischer Umbau“ gelesen und mir mal eben ein Zitat daraus entnommen, das ich gern zur Überschrift meines Vortrags machen möchte: 

 

Wie macht man es richtig, wenn man das Richtige tun will?

Ich unterstelle Ihnen allen mal, dass Sie irgendetwas richtig machen wollen. Wer das  nicht will, kann gern trotzdem zuhören und den gemütlichen Stuhl und nachher ein Glas Wein genießen.

Falls Sie sich wundern, dass ich ablese… Ist ja momentan nicht so Standard…

Ich bin ein großer Fan der freien Rede und seit neuestem ein noch größerer Fan des Ablesens. Seit der Verteidigung meiner Doktorarbeit. Ich war zu schlecht vorbereitet, um frei zu sprechen und hatte nicht genug Zeit, den Text auswendig zu lernen. Und es klappte erstaunlich gut. 

Das hängt damit zusammen, dass ich erstens lesen kann (quasi als Grundvoraussetzung für Gelingen) und zweites, dass Ablesen eine Präzision mit sich bringt, die gerade in kontroversen Darlegungen nicht verkehrt ist. 

Ich bin keine Schauspielerin und deshalb habe ich auch keine Lust auswendig zu lernen, aber ich habe dennoch den Anspruch diesen kleinen Vortrag präzise abzuliefern, weshalb ich vorlese, was aber nicht bedeutet, dass ich nicht frei sprechen könnte, wovon sich jeder hier im Raum anwesende gern nachher an der Bar selbst überzeugen kann. 

Wer jetzt denkt, du liest aber ganz schön viel unpräzises Zeug vor bis jetzt, komm mal auf den Punkt, der hat völlig recht, allerdings möchte diese kleine Einleitung nutzen, um mich 1. Warmzureden und 2. meinen lieben Zuhörerinnen und Zuhörern die Möglichkeit geben, sich an das Vorgelese zu gewöhnen. Im Zweifel ließe eine entsprechende Reaktion von Ihrer Seite auch noch spontan zu, den Zettel wegzuschmeißen und doch frei vorzutragen. 

Gut. Ich bin nicht kurzsichtig. Kann nicht so schlimm sein. Ich lese weiter.

Und ja. Ich habe auch keine Folien mit. Schauen Sie lieber aus dem Fenster als auf eine Leinwand. Das ist jetzt ein bisschen wie Radio hören hier…

Wer dem ganzen nicht folgen kann, sich aber trotzdem für die Inhalte interessiert, komme gern auf mich zu. Ich kann den Text auch mit persönlicher Widmung digital verschicken.

Folgendermaßen funktioniert meine Story heute (Sie erinnern sich. In der Uni hat man Referate auch immer so angefangen…1., 2., 3., …) Ich frage Sie nachher ab:

Wie ich das Thema des heutigen Tages versteheWas ist mir in den letzten Wochen durch den Kopf gegangenWas hat das mit meiner bisherigen und mit meiner momentanen Arbeit zu tunWas würde ich Ihnen raten

Und gleich zu Beginn teile ich Ihnen meine persönliche Ansicht auf das Ganze mit: Hören Sie auf, Schönheitsreparaturen zu machen. Fangen Sie an, ordentlich zu sanieren. 

Jetzt kommt 1. 

Hybrid Work - Homeoffice oder Office, geht jetzt die Identifikation verloren.

Wir sind hier, weil wir uns Gedanken machen. Darüber, wie die Arbeit der Zukunft aussieht. Wie das Büro der Zukunft aussieht. Was die Leute da draußen wollen. Wie wir mit dieser oder jener aktuellen Situation umgehen. Alles in allem ist so unfassbar unübersichtlich geworden, dass beinahe jeder Artikel mit dem Satz beginnt: „In Zeiten wachsender Komplexität…“ Dabei ist es egal ob es um Bildung, Umwelt, Supply Chain oder Katzenfutter geht. 

Also wie macht man es richtig, wenn man das Richtige machen will?

Bevor ich konkret auf das Thema eingehe, möchte ich Ihnen einen kleinen Schwank erzählen (das wäre dann quasi 2. in der Agenda)

Ich weiß nicht, wie viele unter Ihnen die ZEIT lesen. Kürzlich habe ich im Magazin, das ist das Blättchen mit den vielen bunten Bildern und mitunter tollen Reportagen oder aber auch vielen schönen Wohnideen, die auf Grund von Platz- oder Geldmangel der Durchschnittsmensch nicht realisieren kann, einen Beitrag gelesen, der folgende Überschrift hatte: 

Eltern reden dauernd über ihre Kinder. Muss das sein?

Ich nehme an, jeder der ZEIT-Leser unter Ihnen, der Kinder hat und über einen gewissen Zeitraum gezwungen war, Sozialstudien auf dem Spielplatz durchzuführen, konnte, so wie ich, nicht anders, als weiterlesen. Es geht weiter wie folgt. Ich versuche nun in verteilten Rollen zu sprechen.

Wir erwarten ein Kind. Seitdem fällt mir auf, dass Menschen mit Kindern mit mir plötzlich sehr viel über Kinder sprechen. Es ist als sei ich in einen sehr netten, aber doch sehr monothematischen Club eingetreten(worden) und ich frage mich: Darf ich da jemals wieder raus?

Und weiter:

Es kommt einem so vo, als würden viele Eltern ihre Identität aufgeben und nur noch für das Kind leben. Das würde ich gerne vermeiden…

Psychologin

Mir kommt es oft so vor, als wäre das für viele Menschen heillos überfordernd, und diese Überforderung wird in Erziehungs- und Konsumdiskussionen abgewickelt: Macht man eine Baby-Shower? Stillt man? Wie lange stillt man? Plastikspielzeug oder Holz? Dabei geht es selten wirklich um die Frage, was es heißt, Eltern zu sein: Nämlich um die Verbindung zu dem Kind, die Vermittlung von Sicherheit. Dafür ist es am Ende ein bisschen egal, was für Spielzeug es hat. Und da wären wir dann wieder bei IhrerSache mit der Identität. Die ist nicht das Opfer von Elternschaft, sondern deren Voraussetzung: Wenn sie gefestigt ist, dann können Sie viel mehr für ihr Kind da sein.

Da steht noch das ein oder andere drin, aber das können Sie gern selbst nachlesen. 

Was hat das nun mit der Frage des heutigen Abends zu tun? 

So wie viele Eltern fragen sich auch viele Arbeitgeber, wie sie gute Arbeitgeber sein können. Wie sie Talente locken und halten können. Es ist schlussendlich eine Frage der Attraktivität. Wir stellen uns heute die Frage, wir wir als Arbeitgeber attraktiv werden bzw. Bleiben können. 

So attraktiv, dass sich die Mitarbeitenden identifizieren.

Identifikation.

Es ist ein übergroßes Thema, weil über Machen und Tun und Denken persönliche Identifikation entsteht. Und die Entlohnung dieses Machen und Tun und Denken fördert Selbstwert oder auch Selbstwirksamkeit. Und das alles nennt man dann Arbeit. Und es ist in dieser Definition auch völlig egal ob wir von einem Coder sprechen, einer Schwimmerin, einem Handwerker oder sonst irgendwem. 

Wenn wir es so betrachten wundere ich mich ein bisschen über die Fragestellung des heutigen Abends. Office oder Homeoffice: Geht jetzt die Identifikation verloren? Ernsthaft? 

Welche Annahmen stecken potentiell dahinter: 

Ohne Office gibt es keine Identifikation? Ja, wenn das so ist, dann hat die Organisation aber ein generelles Problem und das hat erst mal nichts mit dem Office zu tunMitarbeiter brauchen einen physischen Ort, um sich zu identifizieren? Hm. Ja. Wen wunderts? Wir sind Menschen. Wir sind physische Wesen.Arbeit ist gleich Office. Von wem reden wir hier eigentlich? Wieviel Prozent der arbeitenden Bevölkerung betrifft diese Frage überhaupt? Tierärzte, Dachdecker und Taxifahrer jedenfalls nicht. 

Und da möchte ich nochmals zurückkommen auf den Artikel, den ich eingangs erwähnte. Eltern reden dauernd über ihre Kinder und so weiter. Ich komme mir in dieser Diskussion auch manchmal so vor, als wäre ich einem sehr freundlichen aber doch sehr monothematischen Club beigetreten, in dem über Technologie, Lernerfahrungen, Architektur, digitale Kollaborationstools, etc. gesprochen wird. Darüber wie wir alles in Zukunft besser machen können. Wie wir was nutzen. Wie das Office so anziehend sein kann, dass die Leute gerne kommen… Spielsachen quasi. Plastik oder Holz? Stillen oder nicht?

Aber wer sind denn unsere Mitarbeiter? In welcher Lebensrealität leben sie? Was sagt eigentlich der Rest von Berlin dazu, wenn Zalando alle seine Büros schließt und die Leute nur noch in Cafés abhängen?

Wo gehe ich dann in Zukunft Kaffee trinken? Bei Zalando?

AAAAAhhhhhh… Ich schweife ab. 

Zurück zur Identifikation.

Ein Mitarbeitender identifiziert sich nur mit etwas oder jemandem, das er oder sie irgendwie als attraktiv empfindet. So weit waren wir schon.

Ich möchte also nicht darüber sprechen, ob nun durch Hybrid-Work die Identifikation verloren geht, sondern was die Frage der Identifikation mit den großen Herausforderungen an sich zu tun hat. Ich möchte nicht über Spielsachen reden, sondern über die harte Auseinandersetzung mit den Themen die in Bewegung sind und die - leider Gottes - meist im Zusammenhang mit vielem Anderen stehen. 

„In Zeiten wachsender Komplexität usw….“ 

Attraktivität als Arbeitgeber und Attraktivität auf dem Markt gehen Hand in Hand. Das ist vielleicht der einfachste Teil der Geschichte. Sie müssen gleichzeitig neue Wege der Arbeit ausprobieren, iterieren und implementieren und innovative, relevante und robuste Produkte auf dem Markt präsentieren. Es ist wie eine Bewegung in einer 8 in deren Mitte eine starke Vision steht. Und die muss man haben. Nicht nur wenn man google oder Biontec heißt. Wenn wir uns diese 8 vorstellen: Mitarbeitende auf der einen Seite, Produkt und Markt auf der anderen. In der Mitte die Strategie, die Vision…

Irgendwo muss man aber anfangen mit der Erneuerung, die - auch leider Gottes - nicht aufhört.

Jetzt kommt Teil 3.: 

Was hat das mit meiner bisherigen und mit meiner jetzigen Arbeit zu tun. Welche Lösungsansätze gibt es

Einzel-Maßnahmen zu ergreifen. Und Sie werden an meiner Wortwahl merken, dass ich davon nicht überzeugt bin. Purpose Debatten, Verschönerungen des Büros mit Pflanzen, Ausstattung der Belegschaft mit Ringlichtern. Das ist die Ebene auf der sich die Eltern unterhalten. Holzspielzeug oder Plastik. Eine heillose Überforderung, die in Konsumdiskussionen abgewickelt wird. Das sind Schönheitsreparaturen an der Kurve und keine Kernsanierung. 

Debatten um Purpose, NewWork, Agile, etc. sind alles Versuche, etwas zu kondensieren, zu strukturieren, zu benennen. Das ist alles nicht falsch. Ich verwende diese Begriffe auch. Es besteht nur leider die Gefahr, kleine Maßnahmen in der Belegschaft als New Work zu verkaufen und damit nur Frust zu erzeugen und entsprechend auch das Konzept zu zerstören - das in seiner Grundform bestechend überzeugend ist. Erst vor wenigen Tagen gab es einen größeren Bericht im Handelsblatt zum Thema New Work. Lesen Sie ihn ganz. Nicht nur die Überschrift. 

Wir betreten die 8 von einer Perspektive (meist der unserer Expertise). Bsp. Aus der Richtung der Architektur, oder des Personalwesens, oder der IT. Von da aus sichten wir Zusammenhänge. 

Ein Beispiel: Bei Zalando habe ich mit der bedauerlicher Weise nicht angereisten Franziska Ratsch in der Corporate Real Estate gearbeitet. Wir haben aus räumlicher Sicht überlegt, wie die Zukunft der Arbeit aussehen könnte und schnell verstanden, dass wir hierzu die IT und die HR miteinbeziehen müssen. Denn sie wissen, wie die Menschen ticken und wie täglich gearbeitet wird. Wir befragten Mitarbeitende, schmissen Grundrisse um und entschieden uns für andere Möbel. Flexibel, nachhaltig, nutzergerecht, modular. Der Einzug der Mitarbeitenden ins neue Headquarter wurde begleitet und genau untersucht. Die Erkenntnisse flossen in die Grundrisse und Planungen für das nächste Gebäude ein, in dem auch die Produkte und Services anders sichtbar gemacht werden sollen. Die New Work-Abteilung wurde in die HR verlegt. Da wo sie hingehört. Zu den Menschen. Das war ein Prozess über ca. 2,5 Jahre, der aber nicht aufhört. Für einen Konzern ist das nicht viel. Es lohnt sich. Daraus sind Strukturen entwachsen, die weiter wirken und einen festen Bestandteil der Konzernstrategie ausmachen.

Die dritte  Möglichkeit ist, sich die systematische Frage zu stellen: Was sind generelle Hebel und Themen, was können wir schon gut und wo haben wir noch Entwicklungspotenzial. Ich spreche hier von systematischen Herangehensweisen, die bspw. Den ESG folgen. 

Im PwC Experience Consulting schauen wir uns zunächst die komplette 8 an und durchleuchten das komplette Business. Einen spannenden Ansatz finde ich dabei, die ESG als Basis von Veränderung zu sehen. Kurzer Ausflug: Normalerweise werden die ESG-Ziele nur verwendet, um Betriebsabläufe unter die Lupe zu nehmen. Was aber, wenn wir auch das zentrale Geschäftsmodell und Produkte und Services unter ESG-Gesichtspunkten betrachten. 

(Ich bin keine eingefleischte ESG-Expertin, sondern Transformationsexpertin. Aber Ich finde es macht völlig Sinn, Transformation unter den Prämissen der ESG zu vollziehen)

Wir fragen uns mit unseren Kunden also 3 Fragen: 

E= Environmental: Wie können wir mit Blick auf unseren Planeten wirken und wirtschaften?

S= Social: Welche Systeme unterstützen das Wohlbefinden der Menschen

G= Governmental: Wie kann eine Organisation auf transparente und inklusive Weise geführt werden

Und dann kann es sein, dass man beginnt mit dem E-Faktor, wie man ein Gebäude mit erneuerbarer Energie versorgt, oder mit dem S-Faktor, wie man gleichberechtigten Zugang zu Kommunikation für alle schafft. Oder mit dem G-Faktor, wie man eine gerechte Vergütung sicherstellt…


Etc.pp. 

Die Arbeit mit diesem Raster erlaubt eine sehr umfassende strategische Ausrichtung, deren Umsetzung jedoch in kleineren Schritten erfolgen kann. 

Beiden Herangehensweisen, dem punktuellen Eintauchen in ein Thema und dem Blick auf das große System ist eins gemein: Der Wille sich durch die Herausforderungen durchzubeißen und nicht bei einem Thema aufzuhören. Gefestigte Elternschaft quasi…

Und damit folgt auch der letzte Punkt:

 4. Mein Tipp zum Mittwoch Abend

Versuchen Sie nicht Ihre individuellen Herausforderungen mit Lösungen zu Überkleistern, die auch bei anderen schon nicht funktioniert haben. Glauben Sie niemandem, der einfache Lösungen für komplexe Probleme verkauft. 

Versuchen Sie nicht, konkrete Themen wie Raum, IT, Business Transformation oder Employer Branding ganz allein zu lösen. Suchen sie sich Experten, die das schon seit Jahren machen. Sie müssen nicht Architekt und Digitalisierungsexperte auf einmal sein. 

Konzentrieren Sie sich darauf, streng mit sich selbst zu sein. Entscheiden Sie sich für Punkte, an denen Sie ansetzen wollen. Das kann z.B. Office oder Homeoffice sein. Aber hören Sie nicht auf, weiter zu gehen und zu verfolgen, womit die Frage zusammenhängt. Was dahinter steckt. Denken Sie immer daran, dass Ihr Angebot auf dem Markt und die Arbeit intern zusammenhängen. 

Behaupten Sie nicht einfach, Sie hätten einen Purpose, einen Sinn, ein Wertesystem. 

Ich schmeiße dazu noch ein letztes Zitat in den Ring. Kürzlich vielfach geteilt auf LinkedIn und zuvor abgedruckt im neuen Buch von Wolf Lotter:

Er schreibt: Die Purpose Debatte ist, so wie sie in Deutschland geführt wird, lächerlich. Wenn ich nicht weiß, warum ich bei A oder B oder C arbeite und das tue was ich tue, aber erwarte, dass in einem gesellschaftlichen Prozess Sinn und Zweck nachgeliefert werden, damit mein Sinn-Defizit kompensiert wird, habe ich ein echtes Problem. Menschen, die das von Organisationen erwarten rufe ich zu „Reißt euch zusammen“. Selbstständigkeit und selbstbestimmtes Arbeiten - das Ziel von New Work sind kein Wohlfühlprogramm, sondern bedeuten, dass jeder und jede sich extrem anstrengen muss, die eigene Kontur zu schärfen, klarzustellen was man kann. 

Strengen Sie sich an! Schauen Sie genau hin! Beschäftigen Sie sich mit der Realität Ihrer Mitarbeitenden und der Welt in der Sie mit Ihrer Organisation wirken! Sprechen Sie aus, was unangenehm ist! Lügen Sie nicht! Seien Sie Perfektionistisch und genau! Strengen Sie sich an! 

Stillen oder nicht Stillen. Office oder Home Office. Sie wissen genau, was am Besten funktioniert. Wenn Sie genau hinschauen und sich auf das besinnen, worin Sie gut sind. 

Das überzeugt Menschen!  Das schafft Identifikation!

Ich wünsche mir, dass Ihnen zwei Bilder im Kopf hängen bleiben:
1. Die 8: Es geht nie nur um das Eine: Arbeit intern und Angebot auf dem Markt hängen zusammen und werden verbunden durch eine Vision. 

Die Eltern: Seinen Sie so mutig und setzten Sie sich damit auseinander, was es bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Lassen Sie sich nicht blenden von den Diskussionen um das beste Spielzeug.

Dankeschön.

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Simplicity, Access, Appreciation